Resümee
So langsam kehrt in Miami wieder Ruhe ein. Die Zelte der Satellitenmessen werden abgebaut, in South Beach ist wenigstens außerhalb der Rush Hour wieder flüssiger Verkehr möglich und der "Kunstjetset" widmet sich wieder anderen Dingen (
z.B. der Installation von Douglas Gordon in NY).
Die Künstlerviertel Miamis wie Wynwood, Design District und Coconut Grove wirken nach dem großen Ansturm leer und fast schon erschöpft. Die Galerien haben geschlossen, dafür kommen die Graffitis auf den Häuserwänden bestens zur Geltung.
Die Art Basel Miami Beach ist zu Ende und sie war wohl wie jedes Jahr äußerst erfolgreich. Besonders am Wochenende zog sie auch viele Bewohner Miamis an, die sich immer mehr mit dem Spektakel anfreunden und deren Interesse für zeitgenössische Kunst wächst. Auch die anderen Messen wie Untitled, Art Miami und Context waren gut besucht. Das Perez Art Museum in der Nähe von Downtown Miami lockte mit einer Party viele Sammler und auch das Bass Museum of Art konnte mit seiner Peter Marino Ausstellung überzeugen und von den vielen Messebesuchern profitieren.
Für mich war es äußerst spannend, diese Zeit in Miami mitzuerleben und Eindrücke zu sammeln. Jeder Messetag brachte andere Besucher. Seien es die Sammler und Kunstberater am ersten Tag, die mit einer gewissen Routine die Stände durchliefen und abends auf den Parties Freundschaften pflegten oder die erfolgreichen Unternehmer am zweiten Tag, die mit Lamborghini und Model-Freundin sich langsam der Kunst als möglichem Hobby oder Investition näherten. Am lebendigsten ging es dann an den öffentlichen Tagen zu, als die Kunstwerke zunehmend als Kulisse für Instagram-Fotos und Facebook-Posts dienten, so aber auch mit Leben gefüllt wurden.
Mein absoluter Favorit dieses Jahr war das Gemälde "The Clown" von George Condo. Ausgestellt bei der Galerie Skarstedt ging ich jeden Tag daran vorbei und entdeckte immer wieder neue Facetten in dem verschobenen Gesicht.
Für Friedrich Kunath, einem deutschen Künstler der in Los Angeles lebt, geht es weiter bergauf. Nach dem mir seine Objekte und Gemälde schon bei der Frieze in London aufgefallen sind, freute ich mich besonders auf der Art Basel Miami vier neue Werke bei verschiedenen Galerien zu sehen. Auf jeden Fall ein Künstler den man im Auge behalten sollte und der sicher noch einiges Aufsehen erregen wird.
Ansonsten war aus Deutschland natürlich Gerhard Richter vertreten (aber mit nur einem Bild bei der Galerie Thomas), außerdem Jonathan Messe mit plakativer Wortkunst:
Mit einer süßen Installation war Tobias Rehberger am Start. Viele zerbrochene Hamster aus Ton waren auf verschiedenen Ebenen angeordnet. Mir hat sich der Sinn noch nicht ganz erschlossen, aber genau um das "Nicht-Verstehen" geht es ja oft in der zeitgenössischen Kunst.
Kunst und Geld
Bei einem Blick auf den Parkplatz der Messe oder beim Begutachten der Klamotten der Besucher kommt man nicht umhin, sich auch ein bisschen Gedanken über die Verbindung von Kunst und Geld zu machen. Gerade zu internationalen Kunstmessen pilgern die superreichen Sammler zur Kunst und Unternehmen springen auf den Zug auf - veranstalten Kunstdinners und Events, auf die sie verdiente Kunden einladen. Wenn man das nicht gewöhnt ist, kommt einem das Ganze dann auch wie großes Theater vor. Die Messewoche wirkt dann wie ein wahnsinniger Mix aus Promo-Events, Galeriedinners und Beachparties. Dominiert von Superstars wie Hans-Ulrich Obrist, Marina Abramovich (die wirklich allgegenwärtig war) und Klaus Biesenbach. Ein schönes Beispiel wie man diesen Name-Dropping-Wahn auf den Punkt bringen kann bietet der
Instagram-Kanal des New Yorker Kunstkritikers Jerry Saltz.
Ich selbst arbeite ja auch an der Schnittstelle zwischen Business und Kunst. Bei den Gesprächen mit Künstlern, Galeristen und anderen Kunstberatern, die Kunst mit Marketing verbinden, fiel mir aber immer mehr auf, wie sehr diese Zusammenstellung von dem ausführenden Personal abhängt. Viele Unternehmen lassen den Künstlern nämlich freie Hand, was die Auswahl und Durchführung ihrer Objekte angeht. Besonders interessant war ein Gespräch mit dem Kunstbeauftragten der Spirituosenmarke Absolut Vodka. Als erstes Unternehmen warben sie mit von Künstlern gestalteten Flaschen und arbeiteten mit Künstlern wie Andy Warhol und Louise Burgeois zusammen. Sie ließen die Künstler einfach machen, dabei kam auch mal Kritisches heraus, wie bei Maurizio Cattelan, der kurzerhand eine besoffene Maus in die Flasche steckte. Aber genau dadurch bewahrte sich die Marke Integrität und zeigte, dass Kunst sich sehr wohl mit Marken auf sinnvolle Art und Weise verbinden kann.
Sobald den Künstlern aber Vorgaben gemacht werden, sich zu viele Manager, die keine Ahnung von Kunst haben, einmischen und die Künstler wie Geschäftspartner behandelt werden, wird die Verbindung kritisch und verliert an Glaubwürdigkeit.
Das verstehen auch zunehmend die Unternehmen und so könnte durchaus fruchtbares aus dieser Verbindung hervorgehen. Künstler, die sich austoben können und Unternehmen, die das Ganze finanzieren und deren Image durch die Kunst geformt, verbessert und verfeinert werden kann.
Das war es mit meinem Tagebuch aus Miami. Ich hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen und konntet ein paar Eindrücke sammeln.